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- Bern - Thomas Schaumberg

Teilrevision des Waffenrechts: Gelungene Gratwanderung

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Das Stimmvolk entscheidet am 19. Mai 2019 über die Umsetzung der EU-Waffenrichtlinie im Schweizer Waffenrecht. Die Schweiz hat als Schengen-Mitglied bei der Aktualisierung der Richtlinie ihre Positionen erfolgreich eingebracht. Die Umsetzung in nationales Recht erfolgt mit Augenmass. Entgegen den Befürchtungen der Gegner wird die Schweizer Schiesstradition bewahrt. Ein Nein an der Urne hätte weitreichende Folgen: Die Schweiz riskiert den automatischen Ausschluss aus den Schengen-/Dublin-Verträgen.

Referendum gegen breit abgestützten Kompromiss

Als Reaktion auf verschiedene Terroranschläge hat die EU 2017 eine neue, strengere Waffenrichtlinie ausgearbeitet, mit dem Ziel, die missbräuchliche Verwendung von Waffen für kriminelle Zwecke einzudämmen. Diese Richtlinie gehört zum „Schengen-Besitzstand“ und muss von der Schweiz übernommen und im Schweizer Waffenrecht umgesetzt werden. Als Mitglied im Schengen-Raum konnte die Schweiz ihre Interessen bei der Ausarbeitung der Richtlinie erfolgreich vertreten und eine pragmatische Lösung erreichen.

Im September 2018 hat das Parlament die Anpassung desWaffenrechts beraten und mit grosser Mehrheit einen Kompromiss verabschiedet, der den Gegnern einer Verschärfung entgegen kommt und gleichzeitig die Vorgaben der EU erfüllt. Dennoch wurde das Referendum ergriffen. Unter dem Dach der „Interessengemeinschaft Schiessen Schweiz“ wurden bis Januar 2019 125‘000 gültige Unterschriften gesammelt.

Schweizer Schiesstradition bleibt erhalten

Die Gegner der Anpassung des Waffenrechtssprechen unter anderem von einem „Entwaffnungsdiktat der EU“ und befürchten das Ende der Schweizer Waffentradition. Diese Befürchtungen entsprechen jedoch nicht der Realität! So können auch nach der Revision des Waffenrechts Milizsoldaten ihre Sturmgewehre nach dem Militärdienst direkt übernehmen. Im Schweizer Schiesssport dürfen nach wie vor halbautomatische Waffen mit einem grossen Magazin verwendet werden. Es werden keine medizinischen oder psychologischen Tests eingeführt. Ganz im Sinne der föderalen Schweiz wird es kein zentrales Waffenregister geben. Des Weiteren ändert sich auch für Jägerinnen und Jäger nichts. Sie können ihre Waffen wie bisher verwenden. Anlässe wie das Eidgenössische Schützenfest, das Zürcher Knabenschiessen sowie der „Grand Tir des Abbayes Vaudoises“ werden durch die vorliegende Revision nicht gefährdet.

Es kann jedoch nicht geleugnet werden, dass es auch einige Verschärfungen des bestehenden Rechts gibt. Diese sind allerdings überwiegend administrativer Natur. So gibt es zwar eine Bestandesgarantie für Besitzer einer halbautomatischen Waffe. Falls diese jedoch nicht schon registriert ist, muss innerhalb von drei Jahren eine Meldung an das kantonale Waffenbüro gemacht werden. Das betrifft schätzungsweise 200‘000 halbautomatische Waffen, was ungefähr 10% aller im Umlauf befindlichen Waffen entspricht. In Zukunft gehören halbautomatische Waffen mit einem grossen Magazin zur Kategorie „verbotene Waffen“. Dies hat aber kein Erwerbsverbot zur Folge und solche Waffen dürfen weiterhin im Schiesssport eingesetzt werden. Neu ist statt eines Waffenerwerbsscheines lediglich ein anderes Formular notwendig, nämlich eine Ausnahmebewilligung. Allerdings müssen Mitglieder eines Schützenvereins ihre Vereinszugehörigkeit nach fünf und nach zehn Jahren nachweisen. Alle anderen Schützen, die nicht in einem Schützenverein organisiert sind, müssen belegen, dass sie mindestens fünf Mal in fünf Jahren geschossen haben. 

Schweiz profitiert von Schengen – Abkommen

Bei der Abstimmung über das neue Waffenrecht steht mehr auf dem Spiel, als auf den ersten Blick ersichtlich ist. Falls die Schweiz die Umsetzung der Waffenrichtlinie ablehnt, endet die Zusammenarbeit mit den Schengen- und Dublin – Staaten automatisch, es sei denn, die EU-Kommission und die 28 Vertragsstaaten würden der Schweiz innert 90 Tagen entgegenkommen.

Die unmittelbaren Folgen eines Wegfalls der beiden Verträge wären weitreichend. Das Schengener Informationssystem (SIS II) leistet einen wichtigen Beitrag zur Bekämpfung der grenzüberschreitenden Kriminalität. Das Schengen – Übereinkommen ermöglicht den Schweizern mehr Freiheiten, sie müssen bei den Grenzüberquerungen weniger lange im Stau stehen oder können am Flughafen schneller zum Gate und ihren Flug antreten. Auch die Tourismusregionen profitieren von Schengen. Seit die Schweiz bei Schengen dabei ist, müssen Touristen aus Staaten ausserhalb der EU kein zusätzliches Visum mehr lösen, wenn sie die Schweiz bereisen wollen. 

Alles in allem stellen die Änderungen des Waffenrechts keine unmittelbaren Einschränkungen für den Schiesssport dar, zumal von der Umsetzung der angepassten Waffenrichtlinie verhältnismässig wenige Personen in der Schweiz betroffen sind. Die Annahme des revidierten Waffenrechts ermöglicht beides: Die Fortführung der Schweizer Waffentradition sowie den Verbleib der Schweiz im Schengen-/Dublin-System.



Thomas Schaumberg,
Verbandsmanager

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