Aktuell

- Bern - Philip Kristensen

Schweizer Klimapolitik am Beispiel der Luftfahrt

flugtickets

Die Umweltkommission des Nationalrates hat im Januar im Rahmen der Totalrevision des CO2-Gesetzes die Einführung einer Flugticketabgabe beschlossen. Mit dieser Abgabe soll die Vielfliegerei eingedämmt und der Subventionstrog Klimafonds mit Geld aus der Luftfahrt alimentiert werden. Wer aber versucht, zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen, läuft Gefahr, selbst etwas auf die Finger zu bekommen – oder ein klassisches Eigentor zu schiessen.

Flugtickets: Der Markt bestimmt den Preis, nicht die Politik

Eine Boeing 777 verfügt über 340 Sitze. Ziel der Airline ist es, jeden dieser 340 Sitze zu füllen, da rund 90% der Kosten eines Fluges unabhängig davon entstehen, ob Passagiere an Bord sind oder nicht. Rund 45% der Kosten entstehen aus dem Kauf des Flugzeuges, inkl. Wartung, Personal und Ausbildung. Weitere rund 45% entstehen durch den Flug selbst, wovon der Treibstoff der grösste Brocken ist. Jede Fluggesellschaft wird somit darauf hinarbeiten, möglichst alle verfügbaren Sitze zu füllen, da jeder Passagier einen Beitrag an die Fixkosten leistet. Der Preis eines Flugtickets hat folglich mit den effektiven Kosten eines Fluges wenig zu tun, sondern ist abhängig von der Nachfrage, der Verfügbarkeit sowie dem Markt.

Vor diesem Hintergrund ist es möglich, dass es bei einem Flug sehr günstige Tickets gibt, z.B. wegen fehlender Nachfrage, aber das ist in der Regel eine Ausnahme. Eine Airline wird grundsätzlich immer versuchen, einen möglichst hohen Durchschnittsertrag pro Ticket zu generieren, um Profit zu machen. Das gelingt jedoch nur, wenn die Nachfrage hoch, die Verfügbarkeit gering und die Preise der Airline marktfähig sind. Ist die Nachfrage gering und die Verfügbarkeit hoch, dann sinken wegen der erwähnten Kostenstruktur die Preise. In einer solchen Situation bringt ein volles Flugzeug, in dem Passagiere tiefe Preise bezahlt haben, einen höheren Deckungsbeitrag an die Kosten als ein halbvolles Flugzeug mit Passagieren, die hohe Ticketpreise zahlen mussten.

Die Airlines in der Schweiz haben nun verschiedene Möglichkeiten, um auf die Flugticketabgabe zu reagieren: Da nicht der Reisende die Flugticketabgabe bezahlt, sondern die Fluggesellschaft, bleibt es der Airline überlassen, ob sie die Abgabe an den Kunden weitergibt oder nicht. Angesichts des starken Wettbewerbs im Luftfahrtgeschäft ist davon auszugehen, dass die Flugticketabgabe nur teilweise oder gar nicht an die Passagiere weitergegeben wird. Das Resultat: Die Flugtickets verteuern sich nicht, die Abgabe hat keine Lenkungswirkung und die Vielfliegerei bleibt bestehen. Airlines, die keine Möglichkeit haben, die Abgabe zu kompensieren bzw. den Passagier von der Abgabe zu verschonen oder mit grenznahen Abflügen zu umgehen, werden gezwungen sein, Flugverbindungen zu streichen. Das heisst, dass die Schweiz interkontinentale Direktverbindungen ab Zürich verlieren dürfte. Dies wiederum ist schädlich für unsere exportorientierte Volkswirtschaft, deren Wettbewerbsfähigkeit auch davon abhängt, wie gut erreichbar sie sein wird.

Flugticketabgabe: am Ziel vorbei!

Die Landesflughäfen produzieren das grösste Passagiervolumen und die Schweizer Fluggesellschaften fliegen die meisten Bewegungen von der Schweiz. Die Flugticketabgabe schwächt deren Wettbewerbsfähigkeit und verringert deren Attraktivität im Vergleich zu den angrenzenden Flughäfen in Mailand und München und ausländischen Fluggesellschaften. Ausländische Gesellschaften werden den Preisunterschied zu nutzen wissen, um die Kunden über ihren Hub zu lenken.

Wie wenig durchdacht die Flugticketabgabe ist, zeigt sich am Beispiel des Landesflughafens Basel-Mülhausen. Die von der UREK geplante Abgabe beträgt zwischen 30-120 Franken. Die französische Flugticketabgabe beträgt 2,63 Euro. Diese Differenz zwischen den Abgabesätzen wird dazu führen, dass die bisher unter schweizerischen Verkehrsrechten operierenden Airlines (derzeit über 90%) inskünftig unter französischen Rechten operieren. Abhängig von der Höhe der Flugticketabgabe in Zürich und Genf wird die Nachfrage nach Flügen ab Basel-Mülhausen steigen. Mit der schweizerischen Flugticketabgabe verhelfen wir dem französischen Staat zu mehr Steuereinnahmen, statt den Klimafonds zu füllen. Statt zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen, bekommen wir selbst eins auf die Finger.

Ein globales Geschäft erfordert globale Massnahmen, nicht nationale Alleingänge

Die von der UREK-N vorgeschlagene Flugticketabgabe verstösst gegen den von der Vollversammlung der Internationalen Zivilluftfahrtorganisation (ICAO) gefällten Beschluss, wonach das globale Ausgleichssystem CORSIA das einzige Klimaschutzinstrument in der internationalen Luftfahrt sein soll. Der Beschluss der UREK-N unterminiert diesen globalen Ansatz zur Reduktion der CO2-Emissionen in der Luftfahrt.

Vergleichende Studien in europäischen Ländern haben gezeigt, dass eine nationale Flugticketabgabe nicht dazu führt, dass weniger geflogen wird, sondern anders: Entweder wird auf angrenzende Flughäfen ausgewichen, oder man nimmt statt einen Non-Stop Flug aus der Schweiz einen Flug mit einem Stopp in einem anderen Hub – wie z.B. Dubai oder Istanbul – unter Erduldung von längeren Reisezeiten und weniger Komfort.

Ein solches Reiseverhalten kann dazu führen, dass das Angebot an Direktverbindungen aus der Schweiz, die für unsere Wirtschaft notwendig sind, abnimmt. Zusätzlich ist es klimaschädlich, da Starts und Landungen eines Flugzeuges am energieintensivsten sind.

Zusammenfassend führt eine Flugticketabgabe nicht zu weniger Flügen, sondern lenkt allenfalls das Reiseverhalten in eine Richtung, die nicht zwingend gut für das Klima ist.



Philip Kristensen,
Verbandsmanager

Teilen :