- Aussenwirtschaft, Parlament, Politik, Wirtschaft - Cenni Najy
Schweizer Handelspolitik: Doppelstrategie gegen US-Zölle

Schweizer Handelspolitik: Doppelstrategie gegen US-Zölle. Neue US-Zölle von 39 % treten in Kraft. Die Schweiz befindet sich am Scheideweg. Wollen wir weiterhin eine offene und prosperierende Wirtschaft, braucht es nachhaltig wirkende langfristige Massnahmen, nicht kurzfristigen Aktionismus. Die Strategie muss zweigleisig sein: Erstens Märkte mit grossem Potenzial erschliessen, sichern und ausbauen; zweitens keine neuen und Abbau bestehender wirtschaftshemmender inländischer Rahmenbedingungen.
Diversifizierung unserer Absatzmärkte
Seit mehr als zehn Jahren bemüht sich der Bundesrat um den Abschluss neuer Abkommen mit den wichtigsten Handelspartnern der Schweiz. An erster Stelle sind hier die im Dezember letzten Jahres zwischen Bern und Brüssel abgeschlossenen Bilateralen III zu nennen. Das Verhandlungspaket ist für die Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft von grösster Bedeutung. Neben der Öffnung neuer Märkte mit unserem wichtigsten Handelspartner (darunter der für die Versorgung der Schweiz besonders wichtige Strommarkt) enthalten die Bilateralen III auch eine institutionelle Komponente, die den langfristigen Interessen der Schweiz ebenfalls entgegenkommt.
Die Schweiz sah sich auch schon Vergeltungsmassnahmen der 27 EU-Mitgliedstaaten ausgesetzt, als die Verhandlungen stockten und das Rahmenabkommen Schiffbruch erlitt. Auch wenn deren Ausmass nicht mit den neuen US-Zöllen vergleichbar ist, gibt dies dennoch Anlass zur Sorge. Solche Gegenmassnahmen sind symptomatisch für eine neue internationale Dynamik, in der sich die Logik des „Jeder für sich“ zunehmend auf Machtverhältnisse stützt, selbst wenn langjährige und enge Beziehungen bestehen.
Vor diesem Hintergrund schützt der institutionelle Teil der Bilateralen III die Schweiz vor möglichen künftigen Willkürentscheidungen der EU. Dabei ist insbesondere die Einrichtung eines Schiedsgerichts zur Beilegung von Streitigkeiten zwischen Bern und Brüssel hervorzuheben. Diese neue paritätische und unabhängige Instanz steht für dauerhafte Rechtssicherheit. In einer Welt, in der die Grossmächte immer mehr zum Unilateralismus neigen, ist dies eine wertvolle Absicherung für die Schweiz. Denn diese kann sich nicht auf machtpolitische Verhältnisse verlassen, um ihre Interessen durchzusetzen.
Die Bilateralen III reichen jedoch nicht aus, um die Instabilität unserer Handelsbeziehungen mit den Vereinigten Staaten auszugleichen. Die Schweiz muss auch rasch die Freihandelsabkommen ratifizieren, die sie mit Indien und den Mercosur-Staaten unterzeichnet hat. Eine rasche Umsetzung dieser Abkommen würde Schweizer Unternehmen Zugang zu Märkten verschaffen, die sowohl riesig sind (1,5 Milliarden Konsumenten) als auch bisher durch hohe Zollschranken geschützt sind, welche wegfallen würden. Langfristig ist deshalb das wirtschaftliche Potenzial für Schweizer Unternehmen sehr bedeutend.
„Primum non nocere” – nichts am Patienten unternehmen, was einen noch grösseren Schaden neben der schon bestehenden Krankheit erzeugen kann.“
Eintreten für gute Rahmenbedingungen
Während sich ein Teil der Bundesverwaltung fragt, wie die Wirtschaft am besten unterstützt werden kann, halten wir es für angebracht, an einen einfachen Grundsatz zu erinnern: primum non nocere. Mit anderen Worten: Bevor man über Massnahmen zur Verbesserung der Situation nachdenkt, muss man darauf achten, dass damit nicht weitere kontraproduktive Effekte generiert werden. Um nur ein Beispiel zu nennen: Es ist dringend notwendig, die Spirale der steigenden Lohnnebenkosten zu stoppen. Dieses Phänomen, ist schon seit zu langer Zeit sowohl auf Bundes- als auch auf Kantonsebene zu beobachten.
Es ist in der Tat verlockend, auf diese Weise einfache Finanzierungsmöglichkeiten für neue Sozialleistungen zu finden. Entgegen der Vorstellung einiger Politiker sind diese Beiträge jedoch alles andere als schmerzlos und bedeuten für immer mehr Unternehmer eine zunehmende Belastung.
Durch den Verzicht auf weitere Erhöhungen und die Hinterfragung bestehender wirtschaftshemmender Rahmenbedingungen, könnte man einen wichtigen Faktor wirksam beeinflussen: die Arbeitskosten. Die Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Unternehmen würde dadurch in einem Umfeld verschärften internationalen Wettbewerbs nachhaltig gestärkt.