- Altersvorsorge, Arbeitsmarkt, Parlament, Politik, Wirtschaft - Tatiana Rezso
Rentenplafonierung: Den Franken zweimal umdrehen!

Rentenplafonierung: Den Franken zweimal umdrehen! AHV-Konten und Plafond für Ehepaare: Eine kostspielige Initiative der Mitte-Partei will die Ehepaarrenten in der AHV erhöhen. Mit Blick auf die Volksabstimmung wird ein parlamentarischer Gegenvorschlag diskutiert. Da die Finanzierung der 13. Rente nicht geregelt ist und keine strukturellen Massnahmen zur Stabilisierung der AHV-Finanzen in Sicht sind, schwebt jetzt das Damoklesschwert über der AHV.
Die vergessenen Vorteile einer Ehe
Vergessen geht bei dieser Initiative, wie Ehepaare in der AHV behandelt werden. Übermütig titelt die Mitte: „Ja zu fairen AHV-Renten auch für Ehepaare – Diskriminierung der Ehe endlich abschaffen!“. Gefordert wird die Beendigung der Rentenplafonierung und die daraus resultierende Ungerechtigkeit gegenüber verheirateten Personen. Unfair ist das nur auf den ersten Blick. Schaut man genauer hin wird klar, dass die AHV für Verheiratete Vorteile bietet.
Die Vorteile in der AHV für Ehepartner sind mannigfach: erstens die Befreiung des nicht erwerbstätigen Ehepartners von der Beitragszahlung; zweitens die Aufteilung („Splitting“) des für die Rentenberechnung massgeblichen Einkommens, wodurch die Rente des Ehepartners mit den niedrigeren Beitragsleistungen aufgestockt wird; drittens die Zahlung von Renten an den überlebenden Ehepartner vor Erreichen des Rentenalters und eines Witwenzuschlags, der die Altersrente erhöht.
Rentenplafonierung: wichtig für die Balance
Als Ausgleich für diese verschiedenen Vorteile sind die AHV-Renten von Ehepaaren auf höchstens 150% der maximalen Einzelrente begrenzt (d. h. CHF 45’360.– im Jahr 2025). Diese Regel ermöglicht die Aufrechterhaltung der Gleichheit bei der Verteilung der Leistungen. Sie berücksichtigt auch die Grössenvorteile, die Paare im Vergleich zu Haushalten mit alleinstehenden Personen haben. Sie fügt sich daher gut in die Logik und den solidarischen Aufbau der ersten Säule ein, da selbst Paare mit eher bescheidenen Einkommen dank der für sie vorteilhaften Berechnungsmethode die maximale Rente bekommen.
Die Initiative der Mitte will „z’Füfi und z’Weggli“, die Vorteile ohne die Nachteile! Die Aufhebung der Rentenobergrenze würde im Jahr 2030 rund 3,8 Milliarden Franken kosten. Der Bundesrat empfiehlt dem Parlament, die Initiative ohne Gegenvorschlag abzulehnen. Das Risiko einer Annahme dieser Initiative besteht: Von der Plafonierung der Renten sind 90% der verheirateten Paare betroffen.
„Die Initiative der Mitte will „z’Füfi und z’Weggli“, die Vorteile ohne die Nachteile!“
Gegenvorschlag statt Salamitaktik
Man erinnere sich: Trotz der breiten Ablehnung einer 13. AHV-Rente von Bundesrat und Parlament hat das Volk sie angenommen. Dieses Szenario könnte sich mit der ruinösen, aber verführerischen Initiative der Mitte-Partei wiederholen. Wie die Freuden dieser Initiative zu finanzieren sind, lässt der Initiativtext offen.
Die zuständige Kommission räumt der Initiative bei einer Volksabstimmung gute Chancen ein und schlägt eine „koordinierte Lösung“ zur Finanzierung der 13. Rente sowie der Kosten für die Aufhebung der Obergrenze für Renten vor. Die Arbeitnehmerbeiträge würden zunächst zum 1. Januar 2028 um 0,4 Prozentpunkte erhöht. Die Mehrwertsteuer würde zuerst um 0,5 Prozentpunkte erhöht, um die 13. Rente zu finanzieren, und eine zweite Erhöhung um 0,5 Prozentpunkte ist in Planung, sollte das Volk einer Aufhebung der Obergrenze zustimmen. Die Kommission rühmt sich, mit diesem Finanzierungsvorschlag die finanzielle Stabilität der AHV bis zur nächsten umfassenden Revision gesichert zu haben. In Tat und Wahrheit erhöhen diese aufeinanderfolgenden Zwangsabgaben einzig die Kosten für die Finanzierung der Zuschläge, ohne dass strukturelle Massnahmen die Folge sind. Schlimmer noch, diese vier dicken Salamischeiben reichen nicht einmal aus, um die AHV mittelfristig zu sichern. Auf ein Projekt zur Stabilisierung der AHV wartet man vergebens: Das Parlament hat den Bundesrat im September 2021 beauftragt, ihm bis zum 31. Dezember 2026 ein solches Projekt für den Zeitraum 2030 bis 2040 vorzulegen. Die Kommission zäumt das Pferd vom Schweif auf, wenn es zuerst die Finanzierung des Ausbaus der AHV berät, statt die Stabilisierung der AHV insgesamt. Das bringt das Fundament der AHV ins Wanken.
Besser wäre es, wenn das Parlament hartnäckig aufs Tempo drückt, damit der Bundesrat innerhalb der gesetzten Frist einen Reformvorschlag für die AHV mit strukturellen Massnahmen an das Parlament überweist. Darüber ist es ratsam, einen vernünftigeren Gegenvorschlag zur Initiative der Mitte-Partei auszuarbeiten. Diese könnte sich beispielsweise an der Zwillingsinitiative dieser Partei zur Besteuerung von Ehepaaren orientieren, die eine doppelte Berechnung vorschlägt, einmal als Ehepaar und einmal als Einzelpersonen. Der aus der Berechnung resultierende tiefere Betrag kommt zur Anwendung. Im Rahmen der AHV hiesse das: Die erste Berechnung erfolgt nach den bisherigen Regeln inklusive Vor- und Nachteile der Ehepaarbesteuerung. In der zweiten Berechnung ermittelt jeder als Einzelperson, wieviel Rente er bekommen würde, wenn er ledig wäre und sich die Berechnung der Rente einzig nach der Grundlage seiner eigenen Beiträge bemisst. Die Berechnungsmethode mit dem höheren Ergebnis macht das Rennen.
Weiterführende Informationen zum Beitrag “Rentenplafonierung: Den Franken zweimal umdrehen!“
Bericht des BR, 07.03.2025: Botschaft zur Volksinitiative «Ja zu fairen AHV-Renten auch für Ehepaare – Diskriminierung der Ehe endlich abschaffen!»