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- Mobilität, Politik, Verkehr - Pierre-Gabriel Bieri

Die Schweiz wird weiter in ihr Strassennetz investieren

Die Schweiz wird weiter in ihr Strassennetz investieren. Das Bild zeigt einen Verkehrsstau vor dem Gotthardtunnel.

Die Schweiz wird weiter in ihr Strassennetz investieren. In überlasteten Regionen, in denen Chaos droht, sind nun substanzielle Investitionen vorgesehen, um die Kapazitäten der Nationalstrassen und auch der Schiene zu erhöhen. Wir stellen mit Genugtuung fest, dass diese Investitionen auch die Kantone in der Westschweiz betreffen. Damit soll nicht nur dem Bevölkerungswachstum, sondern auch dem wachsenden Wunsch nach Mobilität Rechnung getragen werden.

Substanzielle Investitionen für die Strasse… und die Schiene

Wir stellen mit Freude fest, dass vor Kurzem beide Parlamentskammern dem „Ausbauschritt 2023“ zugestimmt haben, der die Investitionsausgaben 2024-2027 für die Nationalstrassen festlegt. Nebst mehreren wichtigen Projekten in der Deutschschweiz fügte das Parlament schliesslich den von den Kantonen Waadt und Genf unterstützten Ausbau des Autobahnabschnitts Nyon-Coppet-Le Vengeron hinzu. Rund 20 Kilometer Autobahn sollen auf zweimal drei Spuren ausgebaut werden, um die immer häufigeren Staus, die sich bereits heute auf das regionale Strassennetz auswirken, zu beheben. Mit einer Fertigstellung kann innerhalb von 10 bis 15 Jahren gerechnet werden, wobei zu bedenken ist, dass die gesamten Investitionen durch ein Referendum der Linken gefährdet sind, über welches das Volk 2024 abstimmen könnte.

Der Investitionsentscheid ist Ausdruck des politischen Willens, das Schweizer Autobahnnetz auf den am stärksten befahrenen Abschnitten weiter auszubauen und dabei die Bedürfnisse der Westschweiz nicht zu vernachlässigen. Dasselbe gilt bezüglich Schienennetz, denn der Bundesrat hat vor einem Monat angekündigt, dass er erhebliche Mittel für den Ausbau der Strecke Lausanne-Genf bereitstellen wird, darunter mehr als eine Milliarde Franken für einen neuen, neun Kilometer langen Tunnel zwischen Morges und Perroy. Der Bau des neuen Tunnels, der den Zugverkehr flüssiger machen und gleichzeitig eine Ausweichmöglichkeit bei Störungen bieten wird, könnte etwa 2035 beginnen. Diese Ankündigung war eine freudige Überraschung für die Romands, die die chronische Überlastung dieser Strecke nur zu gut kennen.

Diese positiven Signale für die Verkehrsinfrastruktur sind zu begrüssen. Allerdings werden wir uns noch einige Jahre gedulden müssen, bis die Projekte umgesetzt sind. Weiter gilt es zu bedenken, dass Investitionen in den Schienenverkehr kaum umstritten sind, während solche in den Strassenverkehr leider von politischen Kreisen, die den Strassenverkehr für völlig überholt halten und lieber das Mobilitätsverhalten der Gesellschaft ändern möchten, vehement bekämpft werden. 

Zunehmende Mobilitätsbedürfnisse

Denjenigen, die sich vorstellen, dass man die Entwicklung der Verkehrsinfrastruktur einfach einfrieren könnte, ist zu entgegnen, dass die geplanten Ausbauschritte Regionen mit einem starken Bevölkerungswachstum betreffen. Nach den derzeitigen Prognosen wird die Bevölkerung in diesen Regionen weiterhin deutlich zunehmen.

Die erwähnten Fakten führen dazu, dass die Verkehrsinfrastruktur – Strasse und Schiene – bereits heute an vielen Stellen überlastet ist und dies in Zukunft noch stärker sein wird. Die von der Bundesverwaltung veröffentlichten Statistiken und Landkarten zeigen die kritischen Regionen, in denen das Chaos droht, wenn die Kapazitäten nicht ausgebaut werden.

“Wenn man die Situation auf den Nationalstrassen eskalieren lässt, führt dies zu einer Verlagerung des Verkehrs auf das Netz der Kantons- und Gemeindestrassen, die ihrerseits bereits überlastet sind .”

Pragmatismus statt Ideologie 

Wir sind mit einem starken Trend konfrontiert, dem man mit Pragmatismus statt mit Ideologie begegnen sollte. Der Wunsch der Menschen nach Mobilität lässt sich nicht aufhalten und es ist illusorisch, von abnehmenden Verkehrsströmen auf Strasse oder Schiene auszugehen. Die beiden Verkehrsträger gegeneinander auszuspielen, mutet zudem absurd an: Sie ergänzen sich gegenseitig, keiner von ihnen kann weder die Personen- noch die Güterströme allein bewältigen und bei beiden müssen die Infrastrukturbauten weiterentwickelt werden. Und man sollte sich bewusst sein, dass auch Elektro- und Wasserstofffahrzeuge Strasseninfrastrukturen benötigen…

Wenn man die Situation auf den Nationalstrassen eskalieren lässt, führt dies zu einer Verlagerung des Verkehrs auf das Netz der Kantons- und Gemeindestrassen, die ihrerseits bereits überlastet sind. Und wenn man die Überlastung der Bahnstrecken noch schlimmer werden lässt, begünstigt man eine weitere Verlagerung des Verkehrs auf die Strasse. Es müssen also Mittel und Wege gefunden werden, um die Verkehrsströme harmonischer zu steuern, indem die Kapazitäten der Strassen- und Schieneninfrastruktur parallel zu den entsprechenden Bedürfnissen erweitert werden. Dies ist der Ansatz, den die Bundespolitik nunmehr verfolgt, und er verdient Unterstützung.

Weiterführende Informationen zum Thema “Die Schweiz wird weiter in ihr Strassennetz investieren“

Bundesamt für Strassen ASTRA: Wöchentliche Verkehrsentwicklung

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Thomas Schaumberg, 17.07.2023, Verkehrspolitik: Experten fordern radikales Umdenken



Pierre-Gabriel Bieri,
Responsable politique institutions et sécurité

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