- Parlament, Politik, Steuern, Wirtschaft - Pierre-Gabriel Bieri
Wintersession der Eidgenössischen Räte 2025
Wintersession der Eidgenössischen Räte. In den ersten drei Dezemberwochen versammelt sich das Parlament zu den Beratungen. Mit Blick auf die schwierige internationale Lage sind die Parlamentarier aufgefordert, alles zu unterstützen, das dazu dient, die Attraktivität unseres Wirtschaftsstandorts zu stärken und alles abzulehnen, das sich diesem Ziel nicht unterordnet.
Unsere Unternehmen müssen wettbewerbsfähig bleiben
Die US-Zölle sinken wieder auf 15%. Das sind ausgezeichnete Nachrichten. Aber: Wie mehrere Wirtschaftsakteure bemerkt haben, sind 15% immer noch hoch und unsere Exporte stehen weiter unter Druck. Mehr denn je müssen wir immer wieder von Neuem den Blick auf die rechtlichen Rahmenbedingungen richten, der es unseren Unternehmen ermöglicht, wettbewerbsfähig zu bleiben. Das muss unser zentrales Anliegen sein, wenn die Eidgenössischen Räte in der Wintersession vom 1. bis 19. Dezember tagen.
Der Schweizerische Gewerbeverband (SGV) setzt seinen Kampf gegen die Bürokratie fort und fordert strengere Regeln für die Verabschiedung von Gesetzestexten, die für eine grosse Anzahl von kleineren und mittleren Unternehmen (KMU) Auswirkungen haben oder Kosten über einem bestimmten Schwellenwert verursachen. Der SGV fordert weiter, dass die Berechnung der Kosten, welche die Vorschriften bei den Unternehmen verursachen, künftig von einer unabhängigen Stelle durchgeführt wird. Die beiden Motionen, die diese Forderungen konkretisieren (25.4179 und 25.4187, im Ständerat), verdienen uneingeschränkte Unterstützung.
Im Bereich der Steuerpolitik sind zwei Paare von „Zwillingsanträgen“ der Kommissionen für Wirtschaft und Abgaben positiv zu erwähnen (25.4392 und 25.4393 im Nationalrat, 25.4399 und 25.4400 im Ständerat). Einerseits soll das Inkrafttreten bestimmter Steuerregeln zur Mindestbesteuerung grosser Unternehmen, welche die GloBE-Regeln der OECD vorschreiben, zeitlich verschoben werden; die Schweiz muss in diesem Bereich ihren Handlungsspielraum nutzen. Andererseits soll eine Strategie entworfen werden, um die Attraktivität des Wirtschaftsstandorts Schweiz nachhaltig zu stärken, insbesondere durch steuerliche Anreize. Dieses Ziel gilt es unermüdlich zu verfolgen.
Die anhaltende Belastung durch Lohnkosten
Auch die Lohnkosten müssen zum Thema werden. Sie haben einen offensichtlichen und erheblichen Einfluss auf die Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Unternehmen. In diesem Zusammenhang ist es notwendig, den Vorschlag einer obligatorischen Gewährung von sechs Wochen Ferien für Auszubildende (25.4163, im Ständerat) abzulehnen. Auszubildende werden angestellt, um ihren zukünftigen Beruf zu erlernen und sich in die Arbeitswelt zu integrieren. Sie werden dafür bezahlt. Es gibt daher keinen Grund, ihnen ähnliche Bedingungen wie im Gymnasium zu bieten. Die Parlamentarier müssen auch einer Revision des Gesetzes über die Erwerbsersatzordnung (25.039, in beiden Räten) Beachtung schenken. Die verschiedenen vom Bundesrat vorgeschlagenen „Harmonisierungen“ scheinen ohne Beitragserhöhungen machbar zu sein, aber mindestens drei Artikel müssen gestrichen werden (16mbis, 16sbis und 16x, allein schon die Nummerierung sagt etwas über die ausufernde Regulierung aus), um zu vermeiden, dass der Weg für höhere kantonale Entschädigungen geöffnet wird, die wiederum durch zusätzliche Beiträge finanziert werden müssen.
Schliesslich ist mehr als nur zu bedauern, dass – als Reaktion auf die Kita-Initiative und sofern es nicht in letzter Minute noch zu einer Überraschung kommt – eine neue Kinderbetreuungszulage (21.403, in beiden Räten) eingeführt wird. Damit steigen die Lohnkosten. Diese neue Zulage macht teilweise auch die Anstrengungen zunichte, wie sie beispielsweise im Kanton Waadt im Bereich der Tagesbetreuung unternommen wurden.
Mit Blick auf die Rahmenbedingungen ist der erfolgreiche Abschluss der Revision des Kartellgesetzes (23.047, im Nationalrat und im Ständerat) zu begrüssen. Diese Revision wird einen glücklichen Ausgang nehmen, falls der Ständerat der Mehrheitsmeinung seiner Kommission folgt und den Grundsatz einer Einzelfallprüfung „unzulässiger“ Kartellvereinbarungen akzeptiert. Eine solche Prüfung beinhaltet sowohl quantitative als auch qualitative Elemente, um eine tatsächliche Schädlichkeit nachzuweisen (oder nicht). Diese legitime Forderung ist für die Rechtssicherheit vieler KMU’s von grosser Bedeutung.
Mehr denn je müssen wir auf einen Rechtsrahmen achten, der es unseren Unternehmen ermöglicht, wettbewerbsfähig zu bleiben.
Weitere Geschäfte, die die Rahmenbedingungen beeinflussen
Im Interesse eines liberalen politischen Systems ist die Einführung einer neuen „Erdbebenversicherung“ (24.095, im Ständerat) abzulehnen. Diese Versicherung greift nur im Schadensfall, muss aber von allen Eigentümern finanziert werden, während sie gleichzeitig die in diesem Bereich bereits bestehenden privaten Versicherungen verdoppelt oder ersetzt. Die Eigentümer müssen ihre Verantwortung wahrnehmen und ihre Gebäude angemessen versichern. Eine zusätzliche, vom Bund gesteuerte Massnahme ist nicht angebracht.
Was die Mobilität betrifft, so reicht die Motion zur Fortführung des Eisenbahninfrastrukturfonds (EIF) (25.3953, im Nationalrat) nicht aus, um alle Projekte zu finanzieren. Sie ist trotzdem notwendig und unterstützenswert. Keinen Applaus findet hingegen der Vorstoss „Verbesserung des Verkehrsmanagements auf den Nord-Süd-Achsen“ (25.3004, im Ständerat). Dieser zielt darauf ab, den Verkehr auf Kantonsstrassen zu behindern, wenn die Autobahnen – die wir nicht ausbauen wollen – überlastet sind. Es gilt, die Kapazitätsprobleme anzugehen, anstatt zu versuchen, ihre Folgen zu verschleiern.
Zu den weiteren Themen zählen die im Rahmen der EFTA mit Thailand und dem Kosovo unterzeichneten Freihandelsabkommen (25.066 und 25.070, im Nationalrat), die zur Diversifizierung unserer Absatzmärkte beitragen und aus diesem Grund unsere Zustimmung haben.
Schliesslich sei noch auf die Ablehnung zweier ungeschickter Volksinitiativen hingewiesen. Die erste, „Sichere Ernährung“ (25.067, im Nationalrat), fordert eine dirigistische Umgestaltung der Landwirtschaft und eine Änderung der Konsumgewohnheiten der Bevölkerung – obwohl der Bund in diesem Bereich bereits eine ausgesprochen interventionistische Politik verfolgt.
Die zweite Initiative, „Keine 10-Millionen-Schweiz“ (25.026, im Ständerat), geht die heikle demografische Frage auf überaus vereinfachende Weise an, ohne die wirtschaftlichen und fachlichen Bedürfnisse der Schweiz zu berücksichtigen. In der Kommission haben mehrere Minderheiten erfolglos versucht, die Umrisse eines Gegenentwurfs zu skizzieren; keiner der Vorschläge hat sich durchgesetzt und keiner ist wirklich überzeugend, aber die Bemühungen sind zweifellos lobenswert.
Wintersession der eidgenössischen Räte 2025: Zusammenfassung der Geschäfte