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- Bern - Pierre-Gabriel Bieri

Reform der zweiten Säule: Es ist wichtig, die besten Lösungen zu wählen

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Der Bundesrat hat dem Parlament nun seinen Entwurf zur Reform der beruflichen Vorsorge BVG 21 vorgelegt. Das Projekt stolpert über die untaugliche Idee einer pauschalen Rentenzulage. Dies ist eine Gelegenheit, an die Vorschläge des Centre Patronal zur Sanierung der zweiten Säule zu erinnern.

Neue Projekte für die erste und zweite Säule

Je mehr Zeit vergeht, desto dringlicher wird es, Lösungen für eine Reform der Altersvorsorge zu finden, sowohl für die erste als auch für die zweite Säule. Nach dem Scheitern der „Altersvorsorge 2020“ im Jahr 2017 kam der Bundesrat rasch auf das Thema zurück. Im Jahr 2019 wurde dem Parlament ein neues Projekt mit dem Namen „AHV 21“ vorgelegt, das ausschliesslich der ersten Säule gewidmet ist. Zum jetzigen Zeitpunkt ist noch unklar, wie schnell das Projekt umgesetzt werden soll. Die Kommission des Ständerats hat ihre Arbeit in diesem Sommer aufgenommen, und im Programm der Wintersession ist dieses Thema nicht erwähnt.

Inzwischen ist die zweite Säule nicht in Vergessenheit geraten: Der Bundesrat hat nun seine Vorschläge zur Reform der beruflichen Vorsorge („BVG 21“) vorgelegt. Diese Vorschläge basieren auf dem Modell, das gemeinsam vom Schweizerischen Arbeitgeberverband, dem Schweizerischen Gewerkschaftsbund und der Gewerkschaft Travail.Suisse auf Antrag von  Bundesrat Alain Berset ausgehandelt wurde. Wie die Medien jedoch festgestellt haben, stösst dieses Modell nicht auf eine breite Zustimmung.

Es wird – wenig überraschend und zu Recht – vorgeschlagen, den Mindestumwandlungssatz, den Faktor zur Berechnung der jährlichen Rente, von 6,8 auf 6% zu senken. Dieser Rückgang ist schwer zu kritisieren; er wird durch die längere Lebenserwartung und die derzeit niedrigen Finanzerträge notwendig. Er wird jedoch zu einer Kürzung der Renten aus der beruflichen Vorsorge führen, eine Kürzung, die auf die eine oder andere Weise kompensiert werden muss. Für diesen Ausgleich sieht das vorgestellte Modell drei Massnahmen vor. Die ersten beiden zielen darauf ab, das Rentenkapital zu erhöhen, und zwar einerseits durch eine Halbierung des Koordinationsabzugs (wodurch sich der beitragspflichtige Teil des Gehalts erhöht) und andererseits durch eine Änderung der Altersgutschriften (Änderung des Beitragssatzes je nach Alter).

Unangemessene Mischung aus Kapitaldeckungs- und Umlageverfahren

Die dritte Massnahme ist diejenige, die verärgert: Sie besteht darin, den Rentnern für mindestens 15 Jahre einen pauschalen Rentenzuschlag zu zahlen, der „solidarisch“ durch eine Lohnabgabe in Höhe von 0,5% finanziert wird. Dieser Rentenzuschlag ist eine sehr schlechte Lösung, weil er in die zweite Säule, die auf dem Kapitaldeckungsprinzip beruht, ein für die erste Säule spezifisches Umlageverfahren einführt. Dadurch entsteht eine Vermischung der Konzepte, die das bewährte Drei-Säulen-System der Altersvorsorge verzerrt. Dieses Durcheinander wurde vor drei Jahren von genau denjenigen, die diese Massnahme heute  befürworten, heftig angeprangert. Wir müssen daher vermeiden, diesen Weg zu beschreiten.

Die Medien wiesen auf die Existenz eines Konkurrenzprojekts hin, diesmal vom Schweizerischen Gewerbeverband und Vertretern von Pensionskassen und Versicherungen. Das vom Centre Patronal Ende September vorgestellte Modell wurde jedoch nicht erwähnt. Dieses Modell sieht vor, das Kriterium des Renteneintrittsalters zugunsten der Anzahl der Beitragsjahre aufzugeben, enthält aber insbesondere auch originelle Ideen für die zweite Säule.

Ein alternatives Modell, mit einer sozialen Komponente

Die Vorschläge des Centre Patronal für die berufliche Vorsorge basieren auf einer Senkung des Mindestumwandlungssatzes auf 6%. Um das Rentenniveau zu halten, steht jedoch die Maximierung des Vorsorgekapitals im Vordergrund: Einstieg in die berufliche Vorsorge ab 18 Jahren; vollständige Abschaffung des Koordinationsabzugs; neue Staffelung der Altersgutschriften. Dieses Modell soll sicherstellen, dass alle Versicherten zum Zeitpunkt der Pensionierung über ein ausreichendes Kapital verfügen, bietet aber noch einen weiteren entscheidenden Vorteil: Durch die Berücksichtigung des Gesamteinkommens  bietet es eine bessere Altersvorsorge für Teilzeitbeschäftigte, Kurzzeitbeschäftigte oder Personen, die gleichzeitig für mehrere Arbeitgeber tätig sind.

Dieses Modell respektiert das für die zweite Säule spezifische Kapitaldeckungsverfahren, berücksichtigt aber gleichzeitig in ausgewogener Weise die Interessen der älteren und jüngeren Generationen und fügt eine soziale Komponente im Hinblick auf neue Arbeitsformen hinzu. Diese Vorschläge sollten bei künftigen Parlamentsdebatten berücksichtigt werden!

Weitere Informationen auch unter diesem link.



Pierre-Gabriel Bieri,
Responsable politique institutions et sécurité

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