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- Politik, Wirtschaft - Martin Troxler

Kein Wildern von staatlichen und parastaatlichen Akteuren in der Privatwirtschaft

Bild zeigt die Bundeshaus-Südfassade vom Helvetiaplatz her. Frühjahrsession: Infrastruktur im Fokus. Die Frühjahrsession der Eidgenössischen Räte findet vom 26. Februar bis zum 15. März statt. Die soeben veröffentlichten Programme enthalten wieder wichtige und interessante Vorlagen aus den Bereichen Verkehr und Energie, aber auch einige Ideen fiskalischer Natur, welche es zu bekämpfen gilt.

Schuster bleib bei deinen Leisten. Staatliche oder staatlich kontrollierte Unternehmen breiten sich im Privatsektor weiter aus. Dabei profitieren sie von Monopolrenten aus ihren angestammten Tätigkeitsbereichen und weiteren Privilegien, was zu Wettbewerbsverzerrungen führt und den Privatsektor schwächt. Nötig sind klare, faire und vorallem verbindliche gesetzliche Regelungen und gleich lange Spiesse für alle beteiligten Akteure. Leider scheint der Bundesrat aber auf eine Verzögerungstaktik zu setzen.

Fair ist anders

Fair ist anders.“ Dies ist der für sich selbst sprechende Name einer parlamentarischen Gruppe, welche 2021 durch den Gewerbeverband Berner KMU ins Leben gerufen worden ist. Wettbewerb ist eine der Triebfedern einer freiheitlichen und auf marktwirtschaftlichen Grundsätzen basierenden Wirtschaftsordnung. Die parlamentarische Gruppe hat die unfairen und für die Wirtschaft schädlichen Praktiken im Wettbewerb zwischen staatlichen Akteuren und Privaten im Fokus. Besonders störend ist es, wenn staatliche oder staatlich kontrollierte Unternehmen in ihrem angestammten Tätigkeitsbereich über eine Monopolstellung verfügen, sich dann aber gestützt darauf in weiteren Bereichen zu Lasten der Privatwirtschaft ausbreiten. Dies geschieht oftmals durch Zukäufe von Firmen, wie es in letzter Zeit gerade bei Energieunternehmen oder der Schweizerischen Post beobachtet werden konnte.

In vielen Fällen besteht keine klare und nachvollziehbare Trennung zwischen dem öffentlich-rechtlichen Grundauftrag dieser Unternehmen und dem Zusatzangebot auf dem freien Markt. „Fair ist anders“ listet dazu drei Beispiele von möglichen Konstellationen auf, bei denen staatliche oder parastaatliche Akteure den fairen Wettbewerb torpedieren: Erstens durch eine Diversifikation ihres Angebots (auch räumlich), zweitens durch Vergabe von Aufträgen unter Umgehung von Ausschreibungen innerhalb der Gruppe und drittens durch Intransparenz infolge Beibehaltung der alten Firmennamen nach getätigten Firmenübernahmen. Wenn staatliche Akteure im Privatsektor „wildern“, ist es zudem besonders störend, wenn sie über Finanzpolster verfügen, welche durch Monopolrenten im angestammten Bereich begründet worden sind. Oder durch weitere Privilegien wie zum Beispiel die explizite Staatsgarantie, welche in der Regel zu tieferen Zinsen am Fremdkapitalmarkt führt.

Klare und faire Spielregeln als absolutes Minimum

Ende September wurden von Ständerat Andrea Caroni und den Nationalräten Beat Rieder und Jürg Grossen gleichlautende parlamentarische Initiativen mit dem Titel „Klare Spielregeln für Bundesunternehmen im Wettbewerb mit Privaten“ eingereicht (23.461, 23.462 und 23.469). Darin wird das Parlament explizit aufgefordert, selbst aktiv zu werden. In der Begründung nehmen die Initianten Bezug auf die gleichlautenden Motionen 20.3531 und 20.3532 „Fairerer Wettbewerb gegenüber Staatsunternehmen“. Diese wurden im März des letzten Jahres überwiesen und der Bundesrat damit verbindlich beauftragt, gesetzliche Anpassungen zur Eindämmung von Wettbewerbsverzerrungen durch Staatsunternehmen auszuarbeiten. Die Medienmitteilung vom 15.9.2023 lässt aufhorchen. Eineinhalb Jahre nach der Überweisung der beiden Motionen ist zu befürchten, dass der Bundesrat nicht gewillt ist, wirksame Pflöcke einzuschlagen. Denn in seiner Antwort stellt der Bundesrat für das 3. Quartal 2024 lediglich eine Ergänzung der Corporate Governance Richtlinien in Aussicht. Das genügt aus unserer Sicht aber definitiv nicht!

Die durch den Bundesrat ins Spiel gebrachten, rechtlich wenig verbindlichen neuen Corporate Governance Grundsätze reichen keinesfalls aus, um der Problematik wirkungsvoll zu begegnen. Deshalb ist es richtig und wichtig, dass die neu eingereichten parlamentarischen Initiativen das Feld nochmals wie folgt abstecken: Es ist erstens gesetzlich klar zu definieren, welche Leistungen Bundesunternehmen im Wettbewerb mit Privaten überhaupt erbringen dürfen. Und zweitens sind klare Rahmenbedingungen (auch bezüglich Transparenz und Kontrolle) zu schaffen, damit ein fairer Wettbewerb gewährleistet werden kann.

So wünschenswert es wäre, dass sich staatliche Anbieter möglichst nicht in private Sektoren ausbreiten, so zwingend ist es, dass dabei wenigstens faire Regeln gelten

Beharrlichkeit ist nötig

Als Grundprinzip muss gelten, dass der staatliche Aktionsradius und Fussabdruck in der Wirtschaft die Wettbewerbsfähigkeit und Innovationskraft der privaten Unternehmen nicht untergräbt und schwächt. So wünschenswert es wäre, dass sich staatliche und parastaatliche Anbieter möglichst nicht in private Sektoren ausbreiten, so zwingend ist es, dass dabei wenigstens faire Regeln gelten und gleich lange Spiesse sichergestellt sind.

Konkret angesprochen wird die Problematik in der Interpellation 23.3989 „Aggressive Übernahmestrategie der Post im Logistikmarkt“ von Ständerat Thierry Burkart. Darin wird die von der Post im Juni dieses Jahres angekündigte, vollständige Übernahme eines Logistikunternehmens aus dem Elsass mit 790 Mitarbeitenden und das sich daraus ergebende weitere Vordringen der Post in den hart umkämpften privaten Transportsektor (zu Recht) kritisiert. Insbesondere auch deshalb, weil die Post aufgrund ihrer staatlichen „Existenzgarantie“ im Gegensatz zu Privaten in der Lage ist, „ohne Rücksicht auf allfällige finanzielle Verluste“ eine „aggressive Übernahmestrategie zu betreiben und am Markt zugleich mit einer Tiefpreispolitik aufzutreten“. Ein weiteres Beispiel einer eklatanten Wettbewerbsverzerrung mit dem sehr schalen Beigeschmack, dass im grenznahen Ausland expandiert wird und im Inland Tausende von Arbeitsplätzen abgebaut werden, wie letzte Woche bekannt gegeben wurde. Fair ist anders…

Parlamentarische Vorstösse, welche den ungleichen Wettbewerb und die auf Privilegien beruhende Konkurrenzierung des Privatsektors durch den Staat eingrenzen wollen, gab und gibt es zur Genüge. Man wird den Eindruck nicht ganz los, dass der Bundesart alles unternimmt, um keine griffigen Regeln zu definieren. Dies ist insbesondere, aber nicht nur für KMU ein zunehmendes Problem und ein grosses Ärgernis. Die Studie der ZHAW „Der Staat als Teilnehmer am Wettbewerb“ aus dem Jahr 2022 hat klar aufgezeigt, dass es klare gesetzliche Rahmenbedingungen braucht, wenn der Staat oder seine Unternehmen am Wettbewerb teilnehmen. Wenn der Bundesrat klemmt, muss das Parlament bei der Behandlung der neu eingereichten parlamentarischen Initiativen beharrlich bleiben.

Weiterführende Informationen zum Thema: Schuster bleib bei deinen Leisten. Kein Wildern von staatlichen und parastaatlichen Akteuren in der Privatwirtschaft

Lohnvergleich, Christoph A. Schaltegger, IWP, Februar 2023 : Verwaltungslöhne unter der Lupe

Themenverwandt:

Martin Kuonen, 07.03.2019, Öffentliche und private Anbieter: gleich lange Spiesse



Martin Troxler,
Verbandsmanager

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