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- Bern - Pierre-Gabriel Bieri

Das Coronavirus – zwischen Krisenmanagement und weiser Voraussicht

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Die mit dem neuen Coronavirus verbundenen Gesundheitsrisiken haben uns eingeholt und stellen nun auch bei uns ein wachsendes Problem dar. Jetzt geht es darum, die Verlässlichkeit der verschiedenen Informationen zum Thema richtig zu beurteilen und angemessene Vorsichtsmassnahmen zu treffen, welche den Anweisungen der Gesundheitsbehörden genügen. Gleichzeitig sollte die aktuelle Situation für uns ein Weckruf sein, darüber nachzudenken, wie Gesellschaft und Wirtschaft gegenüber solchen Herausforderungen widerstandsfähiger gemacht werden können.

Die Schweiz befindet sich offiziell in einer „besonderen Lage“

Obwohl es an politischen Themen wahrlich nicht mangelt, scheint es uns unpassend, hier nicht auf das neue Coronavirus „Covid-19“ einzugehen, welches hier und jetzt damit beginnt, unser soziales und wirtschaftliches Leben direkt zu beeinflussen. Am vergangenen Freitag beschloss der Bundesrat, alle Veranstaltungen mit mehr als tausend Personen bis zum 15. März zu verbieten – dies gilt insbesondere für den Genfer Autosalon, aber auch für Fasnachtsanlässe und Sportveranstaltungen. Bei kleineren Veranstaltungen muss das Risiko vorgängig mit den kantonalen Behörden bewertet werden, welche dann im Einzelfall oder generell über Verbote entscheiden können. Diesen Montag schliesslich wurden neue Hygieneregeln herausgegeben, einschliesslich der Empfehlung, das Händeschütteln zur Begrüssung ab sofort zu vermeiden.

In der Bevölkerung sind die Reaktionen unterschiedlich. Einerseits gibt es Personen, welche in manchmal fast schon irrationaler Übertreibung suggerieren, dass die Situation ernster sei als behördlich zugegeben werde und daher strengere Massnahmen ergriffen werden sollten.

Andere wiederum glauben, dass die Gefahr übertrieben dargestellt werde, das neue Virus weniger Menschen töte als die saisonale Grippe und die Behörden aus Angst vor möglichen Schuldzuweisungen mit zu strengen Massnahmen lieber auf Nummer sicher gehen wollen. Wem soll man glauben?

Die Angst vor einer Pandemie muss im sozialen Kontext der zahlreichen anderen Ängste gesehen werden, welche die Gesellschaft bereits umtreiben: Klimawandel, Strahlenbelastung, künstliche Intelligenz, Datenmissbrauch, Migrationsströme, Handelskriege zwischen grossen Staaten und einige mehr. Das Coronavirus lässt auch die Angst vor fake news wieder aufleben. So wird die Bevölkerung auch jetzt mit manchmal widersprüchlichen Ankündigungen konfrontiert, welche dann unweigerlich zur Frage führen, ob bestimmte Quellen ein gewisses Interesse daran haben könnten, Informationen zu manipulieren – auf die eine oder andere Weise.

Das Vorsichtsprinzip im vernünftigen Mass walten lassen

Angesichts dieser Ängste ist man gut beraten, sich auf seine Intelligenz und Intuition zu besinnen. Es ist offensichtlich plausibel, dass die Amerikaner oder die Chinesen versucht sein könnten, die Angst vor dem Virus aus politischen oder wirtschaftlichen Gründen herunterzuspielen. In unseren Gefilden wiederum werden einige versuchen, die Gesundheitskrise mit der Personenfreizügigkeit zu verbinden – obwohl es kaum eine Verbindung dazwischen gibt. Andererseits gibt es wenig Grund, dem Bundesamt für Gesundheit zu misstrauen. Dabei geht es nicht darum, blind alles zu glauben, was die Behörden sagen, sondern kritisch zu beurteilen, was plausibel ist und was nicht. Dies im Wissen, dass offizielle Botschaften im Durchschnitt immer noch zuverlässiger sind als solche von inoffiziellen, unbekannten oder nicht vertrauenswürdigen Quellen.

Gemäss den verfügbaren Informationen scheint die Sterblichkeitsrate (Anzahl der Todesfälle im Verhältnis zur Anzahl der Infektionen) von Covid-19 zwar deutlich höher zu sein als die der saisonalen Grippe, aber immer noch relativ niedrig (zwischen 2 und 3%).

Bei den Opfern handelt es sich in der Regel um ältere Menschen oder um Patienten mit Vorerkrankungen. Das grosse Problem liegt vor allem in der leichten Übertragbarkeit des Virus, welche die Gefahr einer Überlastung der Gesundheitssysteme und der Infrastruktur in sich birgt, aber auch in der Neuartigkeit und den noch zahlreichen offenen Fragen bezüglich Covid-19. Aus diesen Gründen ist die Einhaltung von gebührender Vorsicht angebracht. Das Vorsichtsprinzip wird aber oft auch dazu missbraucht, um sich gegen alle Arten von technischer Innovation zu stellen. In der gegenwärtigen Situation wäre es aber angesichts der laufenden Entwicklungen und unserem heutigen Kenntnisstand vermessen, zu behaupten, dass die von den Schweizer Behörden getroffenen Vorsichtsmassnahmen übertrieben seien.

Krisenmanagement will geübt sein

Nebst der unmittelbaren Notwendigkeit, die Anweisungen der Gesundheitsbehörden zu befolgen und die erforderlichen organisatorischen Massnahmen zu ergreifen, bietet die aktuelle Situation auch Anlass, über die relative Fragilität unserer Gesellschaft im Angesicht solch exogener Schocks nachzudenken. Gegenwärtig führt die Coronavirus-Krise glücklicherweise nicht zu Chaos, aber es drohen schwerwiegende wirtschaftliche und finanzielle Konsequenzen. Wie gehen wir mit diesen um? Und wie gehen wir mit einer möglichen Verlängerung der Bedrohung um? Wie kann die Kontinuität der Geschäftsaktivitäten gewährleistet werden? Allgemeiner gefragt: wie können wir unsere Gesellschaft widerstandsfähiger und „belastbarer“ machen, ohne den modernen Wohlstand, die liberale Wirtschaftsordnung oder den internationalen Handel zu gefährden?

Dazu gibt es keine einfachen Antworten, doch handelt es sich um zukunftsweisende Fragestellungen, welche auf die Agenda von Verantwortlichen in der Politik und auch von Wirtschaftsführen gehören. Krisen lassen sich nicht immer vorhersagen oder vermeiden, aber wir können lernen, uns frühzeitig auf sie vorzubereiten und den Ernstfall regelmässig zu üben.

Für weitere Informationen…

Im Zusammenhang mit der Coronavirus-Krise hat Centre Patronal verschiedene Unterlagen erstellt, welche Unternehmen und ihren Mitarbeitern als Leitfaden dienen können. Der Newsletter „Ratgeber für Arbeitgeber“ ist ab sofort unter folgendem Link auf unserer Webseite abrufbar. 



Pierre-Gabriel Bieri,
Responsable politique institutions et sécurité

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